Green AV-Konzepte und Nachhaltigkeit in der Arbeit von AV-Systemintegratoren

Geschrieben am
13.11.2025
von
Modernes Büro mit großen Glasfronten, Pflanzen und energieeffizienter Medientechnik: Green AV-Lösung mit nachhaltigem Display und umweltfreundlicher Ausstattung.
Auf einen Blick
  • Green AV als Pflicht und Chance: Nachhaltigkeit ist in der AV/IT-Branche kein Trend mehr, sondern durch gesetzliche Vorgaben wie CSRD und ESRS verpflichtend. AV-Systemintegratoren müssen Nachhaltigkeit als gleichwertiges Kriterium neben Technik und Usability verankern.
  • Energieeffizienz und Ressourcenschonung: Einsatz stromsparender Technologien (z. B. LED, Laser), intelligente Steuerungen und Gebäudeautomation senken den Energieverbrauch deutlich.
  • Längere Nutzung statt Elektroschrott: Modular aufgebaute Systeme, wiederaufbereitete Geräte und Rücknahmekonzepte fördern Kreislaufwirtschaft und reduzieren Abfall.
  • Digitale und hybride Ansätze: Cloud-Services, AV-over-IP und Remote-Wartung verringern Hardwarebedarf und CO₂-Emissionen, während hybride Arbeitsmodelle zusätzliche Nachhaltigkeitsvorteile bringen.

Die AV/IT-Branche steht vor der Herausforderung, permanent nachhaltigere Lösungen zu entwickeln. Green AV ist schon lange kein Schlagwort mehr, sondern es geht konkret um gesellschaftliche Verantwortung im Allgemeinen und die Erfüllung spezifischer Anforderungen der stakeholder, insbesondere der Kunden im speziellen. Gesetzgebungen wie CSRD (Corporate Sustainibility Reporting Directive) und ESRS (European Sustainibility Reporting Standards) betreffen bereits ab 2025 fast alle Großunternehmen. Grundsätzlich sollten jedoch alle Unternehmen frühzeitig ihre Nachhaltigkeitsstrategien anpassen, um die Berichtspflichten umzusetzen.

Konkret geht es um die Senkung von Energieverbräuchen, die Reduzierung von Elektroschrott durch Verlängerung der Produktlebenszyklen und Einsatz recyclebarer Materialien, die Förderung des Einsatzes ressourcenschonender Technologien, sowie um die Betrachtung digitaler Technologien unter dem Aspekt der Umweltverträglichkeit. So bietet beispielsweise die Integration von AV-Technik und Gebäudeautomatisierung erhebliche Energieeinsparpotentiale.  AV-Systemintegratoren spielen eine zentrale Rolle in der Umsetzung von Green AV-Konzepten. Sie gestalten nachhaltige Medientechnik-Lösungen, die Umweltfreundlichkeit und hohe Effizienz miteinander verbinden. Hier beleuchten wir verschiedene Umsetzungsmöglichkeiten und Maßnahmen für nachhaltige AV-Integrationen.

AV-Systemintegratoren haben im Zuge ihrer beratenden Funktion erheblichen Einfluss auf die Produktauswahl ihrer Kunden. Entscheidend ist dabei, dass Nachhaltigkeit ein echtes Kriterium beim Design der Anlagen ist und gleich gewichtet wird, wie z.B. Kriterien der usability, technische Daten usw. Kurz, Green AV sollte im Mindset des AV Integrators verankert sein.

Energieeffizienz und Ressourcenschonung

Ein wesentlicher Bestandteil von Green AV ist die Auswahl und Verwendung energieeffizienter Geräte. Beispielhaft seien hier LED- und Lasertechnologien angeführt, die in mehrfacher Hinsicht dem Green-AV-Gedanken näherkommen. So erzeugt der Laser als Lichtquelle eines Beamers Licht unmittelbar, während ein LCD-Beamer deutlich mehr Energie für die Farbumwandlung benötigt. Aufgrund der geringeren Wärmeentwicklung wird auch weniger Kühlung (energiesparend) benötigt, Lampenwechsel sind nicht erforderlich, spart Strom und reduziert die Wartungskosten.

Geräte, wie Kameras, Mikrofone, Displays usw., können über Ethernet Kabel (PoE) mit Strom versorgt werden, Netzteile sind damit überflüssig. Mittels intelligenter Steuerungssysteme verbessern automatische Abschaltungen der Anlagen oder adaptive Helligkeitssteuerungen die Energiebilanz.

Ein schönes Beispiel, das bei uns mittlerweile in nahezu allen Anlagen eingesetzt wird, sind „intelligente Steckdosenleisten“, die Geräte komplett – also auch ohne standby Betrieb – vom Strom nehmen. Werden Räume nicht genutzt, was über Bewegungs- oder Präsenzmelder erfasst wird, werden Systeme komplett vom Strom getrennt. Es macht auch wenig Sinn, in menschenleeren Fußgängerzonen AV-Technik nachts aktiv laufen zu lassen. Besonders eingängig hat dies eine Studie der Tagesschau dargestellt, der zufolge in Fußgängerzonen, Einkaufszentren, Flughäfen und Bahnhöfen mehr als 113.000 Megawattstunden Strom pro Jahr verbraucht werden. Das entspricht etwa 40.000 Zwei-Personen-Haushalten. Um diese zu versorgen, wären etwa 28 Windkraftanlagen notwendig. Ein eindrucksvolles Beispiel, welche Sparpotentiale hier noch schlummern.

Durch den Einsatz von Geräten unter dem Aspekt des Energieverbrauchs können Unternehmen und Organisationen ihren gesamten CO2-Fußabdruck verringern, ohne auf Leistungsstärke verzichten zu müssen, bei oft deutlich geringeren Kosten, insbesondere, wenn man diese über den gesamten Lebenszyklus betrachtet.

Verlängerung der Lebenszyklen und Kreislaufwirtschaft

AV-Systemintegratoren haben vielfältige Möglichkeiten, die Lebensdauer der AV-Technik zu verlängern. So bietet die Auswahl modularer Systeme die Möglichkeit austauschbare Komponenten im Wartungsfall zu ersetzen statt ganzer Systeme. Für viele Einsatzzwecke ist auch ohne weiteres der Einsatz wiederaufbereiteter Geräte (refurbished AV-Technik) völlig ausreichend, damit kostengünstiger und nachhaltiger als der Einsatz neuer Produkte. Des Weiteren bietet es sich an, alte Technik in Rücknahmesysteme zu integrieren, ebenso wie die Möglichkeit zu nutzen, diese an z.B. Bildungseinrichtungen zu spenden.

Digitale Lösungen und Cloud-basierte Technologien

Cloud-Technologien bieten erhebliche Nachhaltigkeitsvorteile, indem sie den Bedarf an physischer Hardware reduzieren und effizientere Prozesse ermöglichen.

Weniger Hardware durch Cloud-Lösungen

Statt physische Server und Speichermedien in lokalen Rechenzentren zu betreiben, können Systemintegratoren auf CO₂-neutrale Cloud-Services setzen. Anbieter wie AWS, Google Cloud und Microsoft Azure bieten mittlerweile klimaneutrale Rechenzentren, die mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Durch die Nutzung dieser Cloud-Dienste entfallen Wartungsaufwände für eigene Server, und der Stromverbrauch wird optimiert, da Rechenkapazitäten bedarfsgerecht zugewiesen werden.

AV-over-IP-Technologien

Netzwerkbasierte Audio- und Videoübertragung ersetzt herkömmliche HDMI- oder SDI-Kabel und spart Ressourcen. Anstatt physische Signalkabel für jede Verbindung zu verlegen, ermöglicht AV-over-IP eine flexible und skalierbare Nutzung bestehender Netzwerkinfrastrukturen. Dies reduziert den Materialverbrauch, vereinfacht Installationen und senkt langfristig die Betriebskosten. Technologien wie NDI (Network Device Interface), Dante (für Audioübertragung) oder SDVoE (Software Defined Video over Ethernet) machen dies möglich und verbessern die Effizienz von AV-Systemen.

Remote-Wartung und Monitoring

Durch digitale Fernwartung können Systemintegratoren Anfahrtswege und damit CO₂-Emissionen reduzieren. Smarte AV-Systeme bieten Monitoring-Plattformen, die den Status von Displays, Projektoren und anderen Geräten in Echtzeit überwachen. Bei auftretenden Problemen kann Software per Fernzugriff aktualisiert oder Konfigurationen angepasst werden, ohne dass ein Techniker vor Ort sein muss. Dadurch sinkt nicht nur der Wartungsaufwand, sondern auch der Energieverbrauch durch unnötige Einsätze.

Diese digitalen Lösungen helfen nicht nur, Ressourcen zu sparen, sondern erhöhen auch die Betriebssicherheit und Flexibilität moderner AV-Systeme.

Hybride Arbeit und Meetings als Beitrag zur Nachhaltigkeit

Hybride Arbeit und Meetings – massiv beschleunigt durch die Corona-Pandemie - sind mittlerweile selbstverständlich und zentrale Elemente nachhaltiger AV-Konzepte, da sie zur Reduzierung von Emissionen und Ressourcenverbrauch beitragen. Nahezu alle Planungen und Ausstattungsvorschläge für medientechnische Anlagen berücksichtigen heute die Integration hybrider und physischer Arbeit. Die Spezialisierung des Integrators auf dieses Thema, in dem Sinne, die Systeme immer weiter zu optimieren, führt zu einer deutlich höheren Akzeptanz bei Anwender und leistet damit einen sehr guten Beitrag zur Nachhaltigkeit.

War die Anforderung früher, einfach ein Videokonferenzsystem in einen Raum zu installieren, sind die Anforderungen mittlerweile deutlich gestiegen. Alle Teilnehmer, egal wo im Raum sie sich befinden, sollen erfasst werden. Durch Multikamerasysteme wird das Raumerlebnis immer mehr an die „normale“ im Sinne physisch anwesender Situation angenähert. Bild, Ton, Kamerasettings und -umschaltungen sollen optimal integriert werden.

Die Vorteile dieser Lösungen in Bezug auf die Nachhaltigkeit sind vielfältig.

Weniger Pendelverkehr und Geschäftsreisen

Videokonferenzlösungen, wie Microsoft Teams, Zoom und andere, ermöglichen es Mitarbeitern, von überall aus zu arbeiten, wodurch CO₂-intensive Reisen reduziert werden. Ganz nebenbei werden „tote“ Reisezeiten vermieden, die Produktivität der Arbeit steigt.

Optimierung von Büroflächen

Durch den Wechsel zu hybriden Arbeitsmodellen benötigen Unternehmen weniger Bürofläche, wodurch der Energieverbrauch für Heizung, Beleuchtung und Klimatisierung gesenkt wird.

Papierlose Meetings

Digitale Whiteboards, Cloud-Dokumente und automatisierte Protokollerstellung minimieren den Einsatz von Papier und physischen Ressourcen.

Gebäudeautomation und intelligente Raum- und Mediensteuerungen

Die Zusammenführung von Raum- und Mediensteuerung, sowie Raum- und Ressourcenbuchungssystemen in einer Plattform birgt sehr große Potentiale zur Erhöhung der Nachhaltigkeit. Heizung, Klimaanlagen, Beleuchtung werden in Abhängigkeit der Nutzung betrieben, Leerläufe vermieden. Geräte werden automatisch ein- und ausgeschaltet. Die Integration von Bewegungs- und Präsenzsensoren sorgt dafür, dass Mediengeräte und relevante Haustechnik wie z.B. Beleuchtung nur dann aktiviert werden, wenn sie tatsächlich gebraucht werden.

Die kontinuierliche Überwachung und Analyse von Gerätenutzung und Energieverbrauch legt zukünftige weitere Optimierungspotentiale offen.

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